arbeiten im rebberg: der winterschnitt

Arbeiten im Rebberg. Ich glaube, damit man ein Verständnis für die Qualität und den Preis eines Weines entwickeln kann, ist es wichtig zu wissen, welche Arbeiten im Rebberg anfallen. Es sind viele, einige sind interessant, andere monoton. Einige sind überlebenswichtig, andere nur wichtig.

Starten wir im Januar/Februar: mit dem Winterschnitt.

Wenn es draussen kalt und ungemütlich ist, steht die wichtigste Aufgabe im Rebberg an. Nachdem die Reben ihren Winterschlaf hinter sich gebracht haben, werden sie geweckt. Kein schönes Erwachen: schnipp, schnapp, fast alles ab. Mir tun sie es bizzeli leid. Aber ja, ein Kalb ist auch härzig und trotzdem esse ich es. Das tönt böse. Ist es irgendwie auch. Wie auch immer, ich finde es ist vertretbar Reben zu schneiden, damit wir Menschen uns betrinken können. Ein Frutarier sieht das vermutlich anders. Wobei ich schon auch glaube, dass es der Rebe gut tut. Ist wie bei den Haaren, schneidet man sie regelmässig, werden sie dick und kräftig.
Nichtsdestotrotz ist und bleibt die Rebe eine Liane und hat folglich den Drang zu wachsen. Das tut sie in einem unglaublichen Tempo. Bremst der Mensch sie nicht, klettert sie hoch bis sie sich an nichts mehr festhalten kann. Und wächst dann immer noch weiter. Genau das verhindert der Winzer. Wieso? Weil er die Rebe in Form bringen und durch Ertragsregulierung eine optimale Qualität erreichen will. Eine Rebe hat sozusagen ein Kontingent an Energie. Viele und lange Triebe, gleich wenig Energie für die einzelne Frucht. Wenige und kurze Triebe, mehr Energie für die einzelne Frucht. Konzentration ist hier das Zauberwort.

Der Rebschnitt ist eine komplizierte Sache die viel Knowhow erfordert. Der Winzer betrachtet die nackte Rebe und muss entscheiden, welche Triebe die besten Voraussetzungen für eine gute Ernte haben. Zwei bleiben stehen, alle anderen kommen weg. Diese zwei werden dann nach unten an den Draht gebunden, einmal links, einmal rechts vom Stamm, horizontal zum Boden. Sie bilden das Fundament für neue Triebe.

Wenn ihr einmal eine anstrengende Büez erledigen wollt, dann geht im Winter schneiden. Es ist kalt, schneit vielleicht sogar. Mit der Wahl des Sieger-Triebes und einem Schnitt ist die Arbeit noch nicht getan, die abgetrennten Triebe vom Vorjahr müssen noch rausgerissen werden. Die Rebe ist, wie oben erwähnt, eine Kletterpflanze und krallt sich mit ihren Ranken an alles was ihr in den Weg kommt. Das Zeugs vom Drahtrahmen zu lösen, kann ganz schön anstrengend sein. Und überhaupt, nach acht Stunden schneiden und reissen, konnte ich meine Hände kaum noch bewegen. Schon klar, ich bin ein Weichei, eine Büro-Dame halt.

Ist die Rebe beschnitten, wartet sie auf wärmere Tage. Sobald diese kommen, wird sie aktiv, treibt aus. Neues Leben entsteht. Das Schlimmste, was ihr zu diesem Zeitpunkt begegnen kann, ist Frost. Er hat im letzten Jahr dafür gesorgt, dass viele Winzer 50% und mehr Ertragsausfall hatten. Hoffen wir, dass dieses Jahr alles rund läuft.