Komischerweise werde ich relativ oft gefragt, wie Wein gelagert werden soll. Komisch, nicht weil die Frage keine Berechtigung hat, sondern weil seltener Fragen kommen wie, was ich von diesem oder jenem Wein halte, welche Weinhandlung ich empfehlen kann oder was zum Schwein getrunken werden soll. Die Lagerfrage aber kommt. Immer wieder.
Für mich ist sie ehrlich gesagt eine der weniger bedeutsamen. Sie ist nicht zu vernachlässigen, schon klar. Denn, hat jemand den Keller voll Mouton, Romanée, Gantenbein, Gaja und Grange – sprich ein Vermögen unter dem Bett liegen – dann würde ich auch empfehlen, einen guten Ruheplatz für diese Schätze zu suchen.
Aber Leute wie du und ich brauchen meiner Meinung nach keinen Hochsicherheitstrakt mit angemessener Feuchtigkeit, Temperaturregulierung und keinerlei Fremdgerüchen.
Ich schreibe ja für normale Weintrinker. Dem Wein Aufmerksamkeit zu schenken, ihn sorgfältig auszuwählen und genussvoll zu trinken, sind drei meiner zehn Gebote. Aber ich bin auch ein Fan von Pragmatismus, nur dort ein Drama machen wo es wirklich angebracht und nötig ist. Deshalb plädiere ich für ein einziges Weinglas, habe rein gar nichts gegen Drehverschlüsse und äbä, finde die Kellerthematik mässig wichtig. Was nicht bedeutet, dass ihr eure Weine sorgenfrei in der Wohnung lagern könnt. Dort haben sie definitiv nichts zu suchen.
Lasst mich euch meine Einstellung erklären, beziehungsweise meine Aussage relativieren.
Die wichtigste aller Fragen, die in Zusammenhang mit der Lagerung zu stellen ist, lautet: soll der Wein jung – jetzt – getrunken werden oder kann man ihn auf die Seite legen? Also besitzt er die Qualität sich zu entwickeln und besser zu werden? Diese Frage zu beantworten ist nicht ganz einfach und erfordert eine gewisse Erfahrung. So gibt es Traubensorten, denen das Alter sehr gut steht, zum Beispiel Riesling, Nebbiolo, Pinot Noir. Andere schmecken jung und fruchtig am besten, Sauvignon Blanc, Gamay oder Zweigelt. Eigentlich wie bei den Menschen. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel. Ein Indikator, der zwar sehr oberflächlich und blöd ist, aber trotzdem einigermassen gut funktioniert, ist der Preis. Der 14 Franken Pinot oder 7 Franken Riesling wird wohl kaum ein Jahrzehnt im Keller überleben. Deshalb meine Faustregel für euch: je teurer der Wein, umso höher sollte das Alterungspotential sein. Wenn ihr ganz sicher sein wollt, fragt den Weinhändler eures Vertrauens.
Zurück zum Thema. Wenn sich der Wein nicht für eine längere Lagerung eignet, hat sich die Keller-Frage erübrigt. Dann spielt es keine Rolle wo er steht, solange es kein Raum mit 30 Grad ist.
Handelt es sich allerdings um einen qualitativ guten Wein, der noch etwas ruhen muss damit er seinen Charakter vollends entfalten kann, so ist es wichtig, dass ihr einen Keller habt der eine einigermassen konstante, gute – 13 Grad – (lieber zu kühle) Temperatur hat. Punkt. Mehr braucht es nicht.
Natürlich könnten wir noch Feuchtigkeit, Gerüche, Licht berücksichtigen und so die absolut idealen Lagerbedingungen kreieren, aber ich behaupte, dass die daraus resultierenden Nuancen im Wein von einem normalen/versierten Weintrinker nicht bemerkt werden.
Falls ihr einen wirklich schlechten Keller habt, der besonders im Sommer dazu neigt, warm zu werden und ihr trotzdem nicht auf lagerfähige Weine verzichten wollt, dann empfehle ich euch, einen Weinkühlschrank zu kaufen.
Ich habe glücklicherweise einen Naturkeller, die Temperatur ist vielleicht ein Mü zu kühl, aber das passt schon. Dort liegen all meine Weine. Kein Vermögen, aber gute Weine mit Alterungspotential. Natürlich habe ich mir auch schon überlegt, einen Weinkühlschrank zu kaufen, aber vor allem aus einem Grund: weil es ein nettes Spielzeug ist. Und wie es mit Spielzeugen so ist, findet man immer Argumente warum man sie unbedingt braucht. Aber Hand aufs Herz, stichfest sind sie selten.
Zusammengefasst:
- Soll der Wein jung getrunken werden, spielt der Keller keine Rolle. Der Wein liegt ja eh nicht länger als ein Jahr dort.
- Wollt ihr den Wein ein paar Jahre beiseite legen, achtet darauf dass der Keller keine grossen Temperaturschwankungen hat und tendenziell lieber zu kühl als zu warm ist. Denn in warmen Räumlichkeiten reift der Wein schneller.
- In drei Fällen empfehle ich einen Weinkühlschrank: 1. Wenn ihr einen sehr schlechten (oder gar keinen) Keller habt. 2. Wenn ihr sehr, sehr teure Weine besitzt. 3. Wenn ihr ein neues Spielzeug zum Bluffen braucht.
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