Wein und Ferien – zwei Themen, die sich gut miteinander verbinden lassen. So ging ich letztes Wochenende das erste Mal mit meinen Wein-Freunden auf Tour. Michel Gygax vom Weinerlei und Manuel Pfund von Aromi Terziari organisierten das Reisli. Falls ihr euch einen Car, 30 alte Leute – beige gekleidet – mit einem Halsbändeli inkl. Glashalterung vorstellt, muss ich euch enttäuschen. Die Weinreisen die die beiden Herren durchführen, sind klein und fein. In diesem Fall waren wir sechs Personen, alles Freunde und/oder Mitglieder des Weinklubs Weinerlei – ganz flotte Menschen.
Also gingen wir für drei Tage nach Süddeutschland, Hauptsitz Kaiserstuhl. Kaiserstuhl und seine Umgebung sind bekannt für Burgundersorten, vom Weissburgunder (Pinot Blanc), über Grauburgunder (Pinot Gris) bis zum Spätburgunder (Pinot Noir). Ausserdem ist es das sonnenreichste Weingebiet Deutschlands.
1. tag: stressfreie hasen
Auf dem Weg nach Kaiserstuhl fahren wir durchs Markgräflerland und machen auf dem Weingut Lämmlin-Schindler Halt. Das Bio-Weingut ist ein Familienbetrieb und gehört zum VDP. VDP steht für Verein Deutscher Prädikatsweingüter – sozusagen eine Garantie für gute Weine. Herr Schindler, Winzer und Gutsbesitzer, empfängt uns sec, aber freundlich und führt uns durch sein Sortiment. Er ist ein Perfektionist, das erzählen mir jedenfalls seine Weine. Obwohl das Sortiment ziemlich gross ist, bekommt jeder Wein die volle Aufmerksamkeit des Patrons und das Resultat ist entsprechend raffiniert. Überrascht hat mich der Merlot, hätte ich in Deutschland nicht erwartet. Interessant und vielschichtig.
Herr Schindler nimmt sich viel Zeit für uns, so viel, dass wir über eine Stunde zu spät im gegenüberliegenden Restaurant eintreffen. Stress scheint man auf dem Weingut Lämmlin-Schindler nicht zu kennen, sympa.
Weiter gehts in unserem Bus, am Kaisertstuhl vorbei, in den Norden zum Weingut Wöhrle in Lahr, Breisgau. Herr Wöhrle ist ebenfalls ein VDP und Bio-Winzer, und wir merken sofort, der Mann weiss genau, was er will und was er dafür tun muss. Seine Weine lassen uns staunen. Läck Bobby. Eine glasklare Stilistik, jeder Wein trägt seine prägnante Handschrift und die ist einmalig schön. Die Highlights: Auxerrois und der Weissburgunder.
Nach der Degustation führt uns Markus Wöhrle zu seinen Reben. Es herrscht eine schöne Abendstimmung, richtig ruhig, ein Häsli hoppelt durch den Rebberg – hier scheint die Welt in Ordnung zu sein.
Der Tag neigt sich dem Ende zu, Zeit am berühmten Kaiserstuhl anzukommen. Vom Gebirge sehen wir nicht mehr viel, umso gespannter sind wir auf den nächsten Tag.
Residieren tun wir übrigens im unspektakulären, aber ordentlichen Hotel Lamm in Bahlingen.
2. tag: gegensätze
Wir starten auf dem Weingut Pix in Ihringen. Biodynamisch, Demeter zertifiziert. Bei der Ankunft treffen wir auf ein halb heruntergekommenes Bauernhaus und einen teetrinkenden Hippie (der Kellermeister, der bei der Familie im Garten wohnt). Klischee? Vielleicht. Da kommt auch schon Hannes, der junge Winzer. Die Degustation findet mehr oder weniger im Wohnzimmer der Familie statt. Nicht etwa unprofessionell, vielmehr heimelig. Die kleine Tochter von Hannes gesellt sich ebenfalls zu uns und trinkt fleissig Prickel Pix (Schaumwein des Hauses, alkoholfrei, wie man uns versichert). Aus dem Sortiment der Pixs gefällt mir der Grauburgunder am besten. Ansonsten werde ich mit den Weinen nicht so richtig warm. Wahrscheinlich entsprechen sie einfach nicht meinem Geschmack, die Kollegen jedenfalls loben den ein oder anderen Saft.
Was ich bei diesem Weingut hervorheben muss, sind die Menschen: herzlich, ehrlich, unkompliziert. Eine tolle Familie! Im Anschluss an die Degustation laden sie uns sogar ein, mit ihnen Mittag zu essen. Einfach und bodenständig.
Viertel vor zwei, die Zeit drängt schon wieder. Da sich die Sonne von ihrer schönsten Seite zeigt, bestehen wir auf eine kleine Rundfahrt durch die Natur. Immerhin gehört die Landschaft genauso zu einer Weinregion, wie die Weine und Winzer. Und die hat etwas zu bieten am Kaiserstuhl. Monokultur? Fehl am Platz. Wo man in anderen Weinregionen Reben am Laufmeter und über Kilometer sieht, bietet die Landschaft hier viel Abwechslung. Blühende Abwechslung. Viele, viele Obstbäume, ab und zu ein paar Gemüsegärten, dann wieder Reben. Ich hätte Lust, noch zwei Stunden spazieren zu gehen, aber der nächste Termin ruft.
Franz Keller. Bienvenu in einer anderen Welt. Eben weilten wir noch in einer charmanten Küche und jetzt befinden wir uns inmitten einer Goldgrube. Der Besitzer von Franz Keller ist auch der Präsident vom FC Freiburg, Inhaber vom Schwarzen Adler und einer renommierten Weinhandlung. Da ist viel Geld im Spiel. Und das sieht man auch. Das ist nicht negativ gemeint, das Gebäude ist wirklich schön, architektonisch sehr gut gemacht (meint der Architekt in der Runde), stilvoll. Hohe Räume, interessante Winkel, schöne Aussicht, viel Licht.
Die Führung macht natürlich nicht der Winzer, dafür ist das Weingut zu gross. Aber der junge Herr, gelernter Sommelier, macht das mindestens so gut. Kompetent, nicht zu aufdringlich, professionell. Die Degustation findet draussen statt, mit Sicht auf den Rebberg. Die Weine sind durch und durch sauber. Schön. Einige meinen, ein Tick zu langweilig. Mich stört das nicht. Ich bin manchmal auch langweilig. Die Weissweine sind mir teilweise zu holzig. Umso besser gefallen mir die Rotweine.
Am Schluss der Degustation stellt uns der Monsieur noch eine Flasche Rosé Sekt hin und überlässt uns unserer guten Laune. Wir geniessen die Sonne, die Aussicht und das Zusammensein.
Da wir uns den schwarzen Adler (1 Michelin Stern) nicht leisten wollen, speisen wir in der ebenfalls schönen Kellerwirtschaft des Weingutes. Das Essen hat seinen Preis, die Kombinationen sind gewagt, aber alles in allem ist das Restaurant sehr empfehlenswert.
Ab ins Hotel, Schlummertrunk und ins Bett.
3. tag: geradlinige biodynamie
Die Frühaufsteher unter uns gönnen sich vor der ersten Degustation einen Ausflug nach Burkheim. Härziges Dorf mit vielen Wanderern. Scheint ein Hotspot zu sein. Glaube ich sofort. Die Zeit verbietet es uns, spazieren zu gehen, da um 11 Uhr der nächste und letzte Winzerbesuch ansteht.
Das Öko-Weingut Trautwein wartet auf uns. Wiederum ein biodynamischer Familienbetrieb. Herr Trautwein hat damals mit den Eltern von Hannes (Weingut Pix) die Weinszene in Deutschland revolutioniert. Er ist ein erfahrener Biodynamiker, der sicher einiges an Lehrgeld zahlen musste, was sich aber gelohnt hat. Seine Weine sind komplex, haben Charakter. Liberale Erziehung und das Resultat davon sind klare Strukturen, von Wildwuchs keine Spur. Souverän, durchs ganze Sortiment hindurch.
Mit vielen positiven Eindrücken machen wir uns auf den Heimweg und erreichen Bern in weniger als zwei Stunden.
Fazit zum Kaiserstuhl: für Weinliebhaber definitiv eine Reise wert. Von der Landschaft, bzw. den möglichen Aktivitäten und den Ortschaften, habe ich nicht soo viel mitbekommen. Was ich gesehen habe, hat mir jedenfalls gefallen. Da der Kaiserstuhl einen Katzensprung von uns entfernt ist und die Stadt Freiburg ebenfalls auf dem Weg liegt, eignet sich der Ort sicher gut für ein Wochenend-Getaway.
Merci again an Michel und Manuel für die Organisation. Es war ein gutes Trüppli und die drei Tage waren sowohl lehrreich wie auch unterhaltsam. Ich komme gerne wieder mit.