winzer, sommelier & so

Der letzte Beitrag ist schon eine Weile her. Beim Joggen sagt man, ja keine Pause einlegen, denn das Weitermachen wird dadurch nicht einfacher (nicht, dass ich joggen würde und eine Ahnung davon hätte). Jedenfalls scheint es beim Bloggen ähnlich zu sein. Im Mai/Juni hatte ich bewusst eine Pause gemacht, da ich mich auf meine Wein-Prüfungen konzentrieren wollte. Und danach, was kam danach? Die Lust die freie Zeit zu geniessen, Ferien, Gurtenfestival, usw., viele Ausreden. Ehrlich gesagt, fällt es mir etwas schwer, wieder zu schreiben. Wieso? Vielleicht ist es das Gefühl, mega spannenden Inhalt generieren zu müssen. Und irgendwie fällt mir nichts Spannendes ein. Deshalb befreie ich mich jetzt und schreibe einfach.

Die letzten Wochen habe ich viel Zeit mit Lernen verbracht und wurde daher immer wieder mit der Frage konfrontiert, was für eine Weiterbildung ich mache. „Sommelier?“ – „Nein, Weinakademiker“.  Mir ist aufgefallen, wie wenig bekannt die Ausbildungen und Berufsbezeichnungen im Weinbereich sind. Also gibt es heute ein 1×1 zu diesem Thema.

Winzer

Der Büezer. Einer der wirklich wichtigen Menschen in der Weinwelt. Er weiss, wie man es macht, von A – Z. Er sorgt dafür, dass wir regelmässig ein Schluck Glück im Glas haben. Ohne Winzer, kein Traubensaft.
Der Winzer gehört für mich in die Kategorie Landwirt (und das ist in keinster Weise despektierlich gemeint). Er ist das ganze Jahr über draussen, hegt und pflegt die Reben. Sorgt für den Winterschnitt, schaut, dass die Pflanzen im Frühling austreiben, Blüten tragen, Früchte schaffen. Er erntet die Trauben, lässt die Reben im Winter ruhen und weckt sie im neuen Jahr, damit es weitergehen kann. Der Winzer ist aber nicht nur draussen, er kann auch Wein keltern. Pressen, gären, ausbauen, abfüllen – er hats im Griff. Auf einem kleineren Weingut ist der Winzer meist Rebmeister, Kellermeister, Putzmann und CEO in einer Person.
Wer Winzer werden will, muss eine 3-jährige Lehre abschliessen.

Weintechnologe

Der Chemiker. „Wein ist Chemie“, sagte mir mein Chef damals, an meinem zweiten Arbeitstag auf dem Weingut. Das wäre eigentlich der Moment gewesen, meine Weinlaufbahn an den Nagel zu hängen. Da ich aber selber kein Wein mache, muss ich zum Glück nicht zu detailliert Bescheid wissen.
Mit Chemie meine ich übrigens nicht zwingend zugefügte chemische Substanzen, sondern einfach chemische Reaktionen, die dazu führen, dass aus Saft Wein wird.
Weintechnologen arbeiten im Keller. Sie übernehmen nach der Traubenanlieferung das Zepter. Sie messen den Zucker-und Alkoholgehalt, schauen in welchem Stadium sich der Wein befindet, untersuchen die psychische Verfassung des Weines. Chli wie d Chrankeschwöster im Spitau. Sie überwachen, sorgen fürs Wohlbefinden und greifen, wenn nötig, ein. Immer mit dem Ziel, ein gesundes und gutes Produkt zu erhalten.
Wer Weintechnologe werden will, muss ebenfalls eine 3-jährige Lehre absolvieren.

Önologe

Der Studierte. Wer sich nach der Winzer-oder Weichtechnologie-Lehre weiterbilden will, kann sich dem Studium der Önologie widmen. Hier wird alles noch etwas vertiefter behandelt, von der Anatomie der Rebe, über verschiedene Kellertechnologien, bis hin zur Vermarktung des Weines. Auf einem kleineren Weingut bilden sich die Inhaber oftmals zu Önologen weiter. Grössere Unternehmen stellen extra Önologen zum Weinmachen ein.
Önologie ist ein 3-jähriges Vollzeitstudium.

Sommelier

Der Gepflegte. Jetzt kommen wir langsam zu den unwichtigen Jobs. Natürlich nicht. Wobei, doch irgendwie schon. Also der Sommelier (oder die Sommelière -> weibliche Form ist nicht etwa die Sommelieuse) ist derjenige, der in der Beiz arbeitet, oder eben in der gehobenen Gastronomie. Sommeliers sind in der Regel Servicefachangestellte oder Köche, die sich im Weinbereich weiterbilden. Sie lernen fast alles, jedoch mit einem klaren Fokus auf die Weinbegleitung beim Essen und die Bewirtschaftung eines Weinkellers (Einkauf, Lagerung, Ordnung).
Wer Sommelier werden will, muss für 2 Jahre ca. 1 Tag pro Woche die Schulbank drücken.

Weinakademiker / WSET 4

Der Generalist. Der Weinakademiker ist das, was ich anstrebe. Auch WSET (Wine and Spirit Education Trust) genannt, ist ein Diplom welches von England vergeben wird. Es beinhaltet verschiedene Levels. Level 1 und 2 sind relativ einfach und eigenen sich auch ideal für Hobbytrinker. Level 3 ist ein bisschen intensiver und Level 4 ein Arschloch.
Was ist ein Weinakademiker? Gute Frage. Alles und nichts. Für mich klar eine Generalistenausbildung. Die Module beinhalten Weinbau, Kellertechnik, Degustation, Weine der Welt, Weinmarketing und Weinhandel. Das Ziel ist es, von möglichst vielen Weinen die Herkunft, Machart, Stilistik und den Markt dafür zu kennen.
Die Weiterbildung richtet sich vor allem an Weinhändler. In meiner Klasse sitzen aber Weinhändler, Sommeliers, Gastronomen und Hobbytrinker.
Weinakademiker wird man, indem man die diversen Levels und Module besteht. Das bedeutet, ein paar Blockkurse und diverse Prüfungen. In der Regel dauert die Weiterbildung zwischen 3 und 10 Jahre (die Durchfallquote ist relativ hoch).

Master of Wine

Der King. Oder die Queen. Das non plus ultra der Szene. Ebenfalls ein englischer Titel. Eine unglaublich schwierige Ausbildung, die viel Zeit, Geld und Können erfordert. In der Schweiz gibt es aktuell fünf Master of Wine, vier Männer und eine Frau.
Dauer der Ausbildung? Keine Ahnung.

Quereinsteiger und Autodidakt

In der Branche wimmelt es davon. Wer nicht weiss, was er mit dem eigenen Leben anstellen soll, wird Weinler (ja, ging mir ja nicht anders). So kommt es, dass viele Weinhändler keine ordentliche Ausbildung haben, sich stattdessen selber ausgebildet haben. Dagegen ist nichts einzuwenden. Denn es stimmt, am besten lernt man, indem man regelmässig trinkt (sehr anstrengend!), Weinregionen bereist, darüber liest, sich mit Anderen austauscht und Trends verfolgt.
Das kann man übrigens auch machen, wenn man nicht in der Branche arbeitet. Eine genussvolle Freizeitbeschäftigung, die kein Ende findet.