medaillen

Die Weinauswahl heute ist gigantisch. Viel zu gross. Durchblick? Keine Chance, aber wirklich keine. Mein Weinwissen ist, sagen wir solid. Ich sollte die Weingesetze (AOC und DOC) der Welt  kennen und somit anhand der Etikette sagen können, wie ein Wein schmeckt und welcher von zwanzig Weinen der beste ist. Haha. Ja genau. Kann ich natürlich nicht. Erstens kenne ich nicht alle Weingesetze bis ins letzte Detail und zweitens sagen sie nur bedingt etwas über die Qualität eines Weines. Sie definieren zwar die Rahmenbedingungen (welche Trauben, Ertrag pro Rebe, Holzeinsatz, etc.), aber der letzte und entscheidende Schliff kommt vom Weinmacher. Plus – und das ist viel entscheidender – gibt es ganz viele Winzer, die auf das AOC/DOC verzichten. Weil sie Eigenbrötler sind, sich nichts vorschreiben lassen wollen oder einfach keine Lust auf Bürokratie haben.

Wir wollen also einen Wein kaufen und stehen vor dem Regal, ohne eine Ahnung zu haben, welcher Wein gut ist und welcher nicht. Und jetzt? Um auf Nummer sicher zu gehen, müssten wir den Wein kaufen, trinken und ein eigenes Urteil fällen. Dafür fehlt manchmal die Zeit und auf gut Glück will man auch nicht immer kaufen. Vielleicht haben wir am Abend Gäste oder der Wein ist ein Mitbringsel – sprich er sollte fein sein. Also versuchen wir trotz allem, uns zu orientieren. Nur woran? An einer schönen Etikette? Der Klassiker, sagt nur leider nichts über den Wein. Am Preis? Ist ein Indikator, aber nie ein Garant. An den Kleberli: Gold, Silber, 93 Punkte? Was ich davon halte? Naja.

Dagegen spricht:

  • Es gibt unzählige Wettbewerbe, irgendeine Medaille bekommt jeder Wein, irgendwo. „Worlds Most admired Wine Brands“ – wtf?
  • Es gibt Wettbewerbe, da wird jeder eingereichte Wein mit einer Medaille ausgezeichnet. Fast wie in der ersten Klasse.
  • Die Art und Weise wie verkostet wird, ist teilweise fragwürdig. Sind die Juroren objektiv? Beurteilen sie alle das Gleiche? Plus, an einem Tag werden locker 70 Weine verkostet, bekommt der letzte Wein gleich viel Aufmerksamkeit wie der erste?
  • An einem Wettbewerb werden nur Weine bewertet, die aktiv eingereicht wurden. Also von wegen der beste Wein….Die Miss Schweiz ist ja auch selten die schönste Frau im ganzen Land.
  • Hinter jeder Wahl steht ein verstecktes Interesse…

Dafür spricht:

  • Es kann bei der Auswahl helfen. Kann.

Wir sollten uns nicht beeinflussen lassen. Nie. Aber wir lassen uns alle beeinflussen. Ständig. Was ja auch ok ist. Immerhin gehört das Drum-Herum auch zum Geschmackserlebnis. Die entscheidende Frage ist, von wem lassen wir uns beeinflussen?

Meine Empfehlung: nicht von einem Kleber. Es sei denn, ihr kennt den Wettbewerb und haltet es für eine seriöse Angelegenheit (ich nenne hier bewusst keine Namen, da ich nicht beurteilen kann, ob und wie seriös die einzelnen Prämierungen sind). Eines kann ich mit Sicherheit sagen: Hände weg von Flaschen die mehr als einen Kleber haben.

Viel besser als jede Medaille ist die Empfehlung einer Freundin oder dem Weinhändler des Vertrauens. Sie kennen euren Geschmack sicher besser als irgendeine Jury draussen in dieser Welt.

So, und jetzt gehe ich ans Swiss Wine Tasting, schauen wer den Vintage Award gewonnen hat.